Die Ausbildung bei Stingl und sein Ausbildungsdompteur

Eric Treuheit, 56 Jahre gelernter Kältetechniker und ein Jahrzehnt Jugendcoach und Konditionstrainer beim EHC München, ist seit vier Jahren Ausbildungsleiter der Stingl GmbH Gebäudetechnik mit 260 Angestellten und acht Auszubildenden zum Anlagenmechaniker SHK pro Ausbildungsjahr.

Ihre Auszubildenden haben bei der letzten Gesellenprüfung durch die Bank weg gut abgeschnitten.  Macht Sie das stolz?
Treuheit:  Natürlich macht mich das stolz, ich sehe es aber als unseren Anspruch. Vor allem ist es eine Anerkennung für unsere geleistete Ausbildung bei Stingl und es gibt mir ein beruhigendes Gefühl, dass wir für unseren Betrieb auch künftig top ausgebildete Monteure bekommen. Sie sind unser wichtigstes Kapital und garantieren, dass unser Betrieb auch in Zukunft gut aufgestellt ist. Dafür arbeite ich Tag für Tag.

Gibt es eine Zauberformel für gute Azubis und wenn ja, können Sie sie uns verraten?
Treuheit: Die Betreuung von Anfang an. Die Bewerbungsphase ist uns bei Stingl genauso wichtig, wie die Ausbildung. Wir investieren viel Zeit und prüfen die Bewerber in vier Runden. Hier sehen wir ob sie sich wirklich für diesen Beruf interessieren und auch ob sie dafür die notwendigen Voraussetzungen mitbringen.

Sie können sicherlich aus einem großen Pool an Bewerbern wählen, Stingl ist in München ein bekanntes Unternehmen?
Treuheit: Ja, das ist richtig, aber wir mussten uns den guten Ruf auch erst erarbeiten. Vor fünf Jahren hatten wir keine so große Anzahl an Bewerbungen. Mittlerweile sind es rund 200 aus denen wir gezielt auswählen.

Wie haben Sie das geschafft?
Treuheit: Ich besuche Schulen, hauptsächlich Mittelschulen, nutze jede Berufsinformationsmesse und werbe für die Ausbildung bei Stingl. Präsent sein und authentisch über die Ausbildung sowie die Berufsaussichten und Aufstiegschancen informieren. Damit kann man Schüler für die Ausbildung gewinnen und sich auch bekannt machen. Bekanntheit allein reicht aber nicht. Das ganze Paket muss stimmen. Also eine Topausbildung und ein gutes Arbeitsklima – das sind für junge Menschen wichtige Indikatoren. Wir verstehen uns als Familie und stehen für einander ein. Das ist Teil unsere Philosophie und das spüren unsere Azubis was auch untereinander weitergegeben wird. Also auch ein wenig Mund-zu-Mund-Propaganda.

Zurück zum Bewerbungsverfahren, dass aus Ihrer Sicht die Grundlage für gute Azubis ist?
Treuheit: Richtig. Unsere Azubis durchlaufen ein vierstufiges Bewerbungsverfahren und dafür nehmen wir uns sehr viel Zeit. Ich will spüren, dass unsere künftigen Azubis die Ausbildung mit Leib und Seele wollen. Denn unsere Ausbildung gehört mit einer dreieinhalbjährigen Ausbildungszeit zu einer der anspruchsvollsten im Handwerk. Rund 60 Bewerber testen wir im Gespräch. Mit einem hauseigenen Bewerbungstest und einem darauffolgenden Analyse- und Abschlussgespräch. Danach können wir beurteilen ob der Bewerber für die Ausbildung brennt. Daraus resultiert schlussendlich welchen Ausbilder wir ihm zur Seite stellen. Die Abbruchquote ist marginal und den Erfolg sehen wir ja mit den guten Abschlüssen. Der Erfolg unserer Azubis bestätigt uns in unserer Ausbildung.

Ist der Ausbilder ein wichtiger Faktor bei der Ausbildung?
Treuheit: Absolut. Hier wählen wir sehr bewusst aus. Zudem haben wir ein Patenmodell. Jeder Azubi im ersten Lehrjahr bekommt einen Azubi aus dem dritten Lehrjahr als Pate zur Seite gestellt. Auch ich selbst bin rund um die Uhr für unsere Azubis erreichbar. Und dass meine ich wirklich so. 24 Stunden, 365 Tage können mich die Azubis anrufen, wenn sie meine Hilfe brauchen. Auch um halb zwei nachts. Wir dürfen nicht vergessen, dass sind junge Menschen die in manchen Situationen einen Rat benötigen.

Pro Ausbildungsjahr ermöglichen Sie immer einem jungen Menschen die Ausbildung, obwohl er nicht die optimale Voraussetzung mitbringt.
Treuheit: Ja, das ist richtig. Wir sind uns unserer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst. Wir wollen Chancen bieten, damit sich junge Menschen, die keinen guten Start ins Leben hatten oder als Flüchtlinge zu uns gekommen sind, eine Existenz aufbauen können. Das ist kein Sozialprojekt. Wir erwarten gerade von diesen Azubis, dass sie mit vollem Einsatz dabei sind und ihre Leistung bringen. Bis jetzt haben wir gute Erfahrungen damit gemacht.

Zum Start der Ausbildung machen sie ein zweiwöchiges Kennenlern-Programm. Warum?
Treuheit: Es schafft Zusammenhalt unter den Azubis, erweitert die Grundkenntnisse für die Ausbildung und fördert im Verlauf der Ausbildung die Motivation und das Durchhalten, wenn es mal nicht rund läuft. Das ist wichtig. Wir sind ein Team, wie beim Fußball. Da gibt es die Verwaltung, die Profimannschaft – unsere Monteure und das Nachwuchsteam – unsere Azubis. Und wenn alles optimal Zusammenspielt sind wir stark. Das gebe ich den Azubis zum Start der Ausbildung mit auf den Weg.

Wie motivieren Sie Ihre Azubis?
Treuheit: Ich hatte ein Schlüsselerlebnis. Normalerweise denkt man immer, man muss die Schwachen fördern und unterstützen. Das sehe ich nicht mehr so. Im Gegenteil. Wir fördern gute Azubis mit speziellen Programmen und motivieren diese noch besser zu werden. Es ist ein enormer Motivationspusher und hat Sogwirkung. Damit fordern wir alle zusammen. Doch ganz wichtig ist der gegenseitige Respekt.  Dem bin ich mir stets bewusst. Dies verlange ich vor allem von meinen Ausbildern und natürlich auch von meinen Azubis.  Gegenseitiger respektvoller Umgang ist das A und O in einer Ausbildung!

Haben Sie Programme, wie Sie Ihren Azubis die Bandbreite des Ausbildungsberufs über die tägliche Arbeit mit dem Ausbilder hinaus vermitteln?
Treuheit: Jeden Freitag haben die Azubis die Möglichkeit im Betrieb zu lernen. Dort können sie ihr Berichtshefte vervollständigen und wir besprechen fachspezifische Themen in Praxis und Theorie. Wir bieten bei Bedarf auch die Möglichkeit am Samstag im Betrieb zu lernen, wenn sie das benötigen. Ich erwarte von unseren Azubis hohes Engagement. Denn nur, wenn man versucht, die bestmögliche Leistung zu erbringen, macht es Sinn. Ansonsten ist es verschwendete Lebenszeit. Ich will, dass sie ihren Beruf als Berufung sehen.

Wie sehen Sie die Zukunft der SHK-Ausbildung?
Treuheit: Auf Grund des hohen Niveaus der Ausbildung, ist ein Druck in unserem Ausbildungsberuf entstanden, der nicht für alle gut ist. Durch die Komplexität, die Vielseitigkeit und der rasanten technischen Entwicklung wird dieser Beruf immer umfangreicher und anspruchsvoller. Die Frage stellt sich dahingehend ob die Ausbildung zwei Wege einschlagen könnte.

Welche Bedeutung hat die Fort- und Weiterbildung bei Stingl?
Treuheit: Eine große Bedeutung. Die Technik verändert sich rasant. Parallel dazu müssen wir unsere Fachkräfte konsequent schulen, damit wir stets auf Augenhöhe mit dem technischen und insbesondere dem digitalen Fortschritt sind. Hier spielt die Innung eine entscheidende Rolle. Sie sollte produktneutral Kurse anbieten, damit wir unsere Monteure das nötige Knowhow für die Veränderungen in unserer Arbeit an die Hand geben können. Die SHK Innung München hat mit ihrem Bildungszentrum und den dafür optimal ausgerüsteten Werkstätten die notwendigen Ressourcen, damit wir in Zukunft bestens aufgestellt sind. Ich bin überzeugt, dass wir alle zusammen in München auf einem sehr guten Weg sind.